Haltestelle

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Triggerwarnung: Sexualisierte Gewalt und Übergriffgkeit in ÖPNV

Seit ich klein bin fahre ich unglaublich gerne Fahrrad.
Es geht schnell und ist super praktisch. Doch was ist, wenn das Wetter doof ist, Menschen kein Fahrrad besitzen oder aus anderen Gründen nicht unabhängig von anderen Rad fahren können?
Eine Alternative ist es mit der Bahn zu fahren. Super, wenn es regnet, denn alles bleibt trocken und trotzdem löst es ein unbehagliches Gefühl in mir aus sobald ich in dieses Verkehrsmittel einsteige oder auch allein schon an der Haltestelle stehe.
Doch warum?
Als ich 13 war habe ich angefangen zu verstehen, was sexuelle Übergriffigkeit eigentlich bedeutet. Es fing damit an, dass sich mir unbekannte Typen neben mich gesetzt haben und mir versucht haben ihre Nummer zu geben. Meine Antwort „Nein, ich habe einen Freund“ (was oftmals gelogen war) oder „ich will nix von Dir“, löste meist keine gute Laune in den Köpfen dieser Macker aus und meistens bekam ich eine Antwort wie „Fotze“, „Schlampe“ und viele weitere Beleidigungen, welche mich wahrscheinlich beleidigen sollten, jedoch eigentlich nur das verletzte riesen Ego dieser Typen zeigte, welche fast an ihrer Männlichkeit erstickt wären (was vielleicht gar nicht so verkehrt gewesen wäre).
Solche Vorfälle häuften sich und blieben nicht nur bei Beleidigungen oder Sprüchen, sondern gingen auch über ins Körperliche. Berührungen an Armen, Beinen oder auch intimeren Stellen blieben nicht aus.
Ich ließ das alles so passieren. Ich lehnte zwar die Nummern von Männern ab, welche sich mir aufzwungen und gab meine auch nicht heraus, jedoch war meine Angst zu groß irgendetwas zu sagen. Diesen Menschen meine Meinung zu sagen und mich dagegen zu wehren. Doch die Angst war einfach zu groß. Auch heute noch verabscheue ich es die Bahn zu nehmen solange ich es verhindern kann.
Wenn ich in einer Straßenbahn sitze, habe ich das Gefühl, solchen Situationen nicht mehr entweichen zu können. Während die Bahn fährt habe ich Angst, sexuell belästigt zu werden und nicht wegrennen zu können. Nun wäre es ein logischer Umkehrschluss zu denken, dass es dann an Haltestelle besser sein müsste mit meiner Angst, schließlich ist da genug Platz um zu rennen. Allerdings ist die Realität eine andere. Die Angst an Haltestellen, besonders Abends oder Nachts ist bei mir noch größer als in der Bahn selbst.
Angenommen, ich will nach einer Feier oder einem entspannten Abend mit Freund*innen nach Hause fahren, dann möchte ich verdammt nochmal nicht angefasst werden und ständig nach meiner Nummer gefragt werden. Und NEIN ich möchte auch nicht, dass irgendein Typ denkt, er hätte das Recht dazu sich neben mich zu setzten oder mir hinterher zu laufen. Mein einziger Wunsch ist es in solchen Situationen nach Hause zu kommen und nicht verängstigt und panisch auf mein Handy zu starren und Freund*innen anzurufen, welche mich wenigstens psychisch unterstützen sollen.
Ich weiß, dass ich nicht die einzige Person bin mit diesen Gefühlen.
Es macht mich traurig zu wissen, dass viele Menschen Angst haben vor öffentlichen Verkehrsmitteln, beziehungsweise den Typen und die damit verbundenen Situationen.
Deshalb sollten Wir zusammenhalten und gemeinsam gegen unsere Angst und die Strukturen kämpfen, welche solche Situationen zulassen.