stehst du etwa auf bratpfannen?

hier vorgelesen:

ich erinnere mich noch genau an meinen ersten crush auf eine frau. ich schaute damals gebannt „arielle, die kleine meerjungfrau“ und war völlig von ihr hingerissen. danach folgten viele weitere frauen aus serien und filmen wie xena, die kriegerprinzessin. das hat sich ganz normal angefühlt, also habe ich es nicht weiter hinterfragt. als ich älter war, wurde mir klar, dass ich auch männer durchaus sexuell attraktiv finden kann. die verwirrung war da. und egal mit wem ich gesprochen habe, fand ich nirgends eine person in meinem umfeld, der es genauso ging. mir fiel es nicht schwer mit meinen freundinnen über jungs zu reden, die ich heiß fand – die existierten ja auch. austausch fehlte mir besonders, wenn es darum ging auch frauen attraktiv und sexuell anziehend zu finden. eine andere frau bewundern kannten auch die anderen mädchen, aber eben nicht so wie ich. das hat mich ziemlich verunsichert und ich habe wenig darüber gesprochen, weil ich nicht wusste, was dann passiert. so verbrachte ich weiterhin viel zeit auf tumblr und lernte immer mehr über queeres leben. eines abends fand ich in meine bettdecke gekuschelt auf meiner timeline einen post mit vielen verschiedenen sexualitäten und erläuterungen dazu. da stand sie: pansexualität. endlich hatte ich zumindest ein wort für meine gefühle, denn geschlecht war für mich an menschen wirklich überhaupt nicht interessant. kleine eigenarten, interessen und charaktereigenschaften sind für mich bis heute viel spannender. ich verstehe auch, dass das nicht für alle so ist. geschlecht spielt eben für super viele leute eine wichtige rolle in sexualität und liebe. mit meinem heterosexuellen partner tausche ich mich gerne darüber aus wie wir das alles so empfinden. es sind sehr wertschätzenden gespräche, die ich genieße. doch leider ist das nicht für alle menschen so eine selbstverständlichkeit wie für meinen partner. doch auch in meiner familie war es einfach nicht heterosexuell zu sein. meine mutter hat auf meine sexuelle identität total entspannt reagiert und mein bruder ebenso. Erst irgendwann in der schule sprach ich bei einem aufklärungs-workshop mal an, dass auch pansexualität existert, weil nur bisexualität erklärt wurde. ein junge aus der parallelklasse fragte daraufhin laut in den raum, ob ich denn auf bratpfannen stehen würde. mit diesem kommentar wurde ich so richtig aus der wohlfühlblase gezogen. ich weiß auch nicht genau warum, aber ich dachte irgendwie, dass das in der familie immer am schwersten wäre. immerhin kannte ich die ganzen horrorgeschichten vom rauswurf nach dem outing. während meiner schulzeit war ich ehrlicherweise zu viel damit beschäftigt mobbing zu ignorieren und wollte nicht noch eine sache an mich haften, die zu mehr davon führt. deshalb habe ich einfach nicht mehr über meine sexualität gesprochen. über männer konnte ich sprechen, aber bei liebe oder anziehung zu frauen habe ich einfach den mund gehalten. und es hat sich falsch angefühlt, jedes einzelne mal. mit dem abi begonn für mich eine phase der freiheit, weil ich endlich aus der schule raus war und dann ab an die uni konnte. hier hatte ich endlich das entspannte gefühl nicht mehr über meine sexualität schweigen zu müssen. es gab ein autonomes referat, welches sich für queeres leben einsetzte und die menschen waren viel weniger verklemmt. seitdem organisiere ich queere events, halte vorträge und gestalte ein eigenes queeres, intersektional feministisches magazine namens mantis magazine. ständig spreche ich über queeres leben und verstecke keinen einzigen teil meiner sexualität mehr. natürlich ist das auch oft mit hass verbunden, der einem entgegen peitscht aber heute bin ich stärker als damals. ich nutze meine freizeit liebend gern für bildungsarbeit und habe dabei immer das gefühl auch meinem damaligen ich etwas gutes zu tun. ich wünsche mir sehr, dass sich bald wirklich niemand mehr verstecken muss und wir alle endlich friedlich miteinander leben können. wenn sich einige menschen wirklich lieber mit hass beschäftigen wollen, der so stark institutionalisiert ist, dass menschen daraufhin sterben oder misshandelt werden, dann muss ich gegen sie arbeiten. das ist eine demokratische aufgabe für menschenrechte. meine stimme ist eine stimme für queeres leben. und ich werde nicht damit aufhören, weil sich irgendwelche konservativen, rechtsextremen oder neo-nazis daran stören.

ich bin queer und ich bleibe hier. deal with it.

eve obier (sie/ihr) @nixrosalilapink/@mantis.magazine